Meine beiden Kinder bzw. mein Großer kommt jetzt in ein Alter, in dem sich bei mir die aller ersten Erinnerungen an meine eigene Kindheit finden lassen. Umso öfter komme ich darum auch in Situationen die sich für mich anfühlen wie ein Dejavu.
Nur mit vertauschten Rollen 🙂
Bleib am Weg!
Ich kann mich zum Beispiel noch sehr lebhaft daran erinnern, wie meine Mama früher versucht hat uns vor der Abfahrt dazu zu bewegen möglichst sauber im Auto anzukommen. „Bleibt am Weg, nicht in die Wiese!!!!“ dieser Ausruf und vor allem die Tonart welche die Dringlichkeit unterstreicht ist mir noch sehr gut in Erinnerung. Früher habe ich das nicht ernst genommen, vielleicht sogar als spießig abgetan. Sauberkeit wurde damals meiner Meinung nach völlig überbewertet.
Heute bin ich 24 und habe selbst zwei kleine Ferkel – pardon Kinder.
Umso besser kann ich heute auch den Wunsch meiner Mama nachvollziehen, einmal im Monat bei Arztterminen oder anderen Angelegenheiten mit sauberen Kindern im Gepäck anzukommen. Wenn ich also heute selbst schwitzend in der Haustüre stehe während meine Kinder zwischen Hühnerkacke und Schlamm balancieren um dann am Auto noch mit dem Ärmel Muster in den Schmutz zu malen denke ich sehr oft an meine Mama und lächle in mich hinein bevor ich rufe „Bleibt am Weg, nicht in die Wiese!!!!!“
Heißt du Bernhard??
Eine weitere Aussage die meine Mama manchmal getätigt hat – sie war schon längst in Vergessenheit geraten – kam mir neulich selbst über die Lippen. Ich habe einen jüngeren Bruder – er heißt Bernhard – und war schon immer sehr experimentierfreudig. Nach dem fünften gescheiterten Saftbecher-Übereinanderstapel-Versuch meines Bruders konnte es dann schon passieren, dass unsere Mama während dem Aufwischen meinen Bruder ermahnt hat, keine vollen Saftbecher mehr zu stapeln. Ich wollte mich dann oft als Musterbeispiel präsentieren und hab geantwortet „Aber ich stell meinen Becher eh so brav auf den Tisch!.
Ihr ahnt was kommt! – Auf diese Aussage erwiderte meine Mama „Heißt du Bernhard??“
Was früher bei mir auf Unverständnis gestoßen ist, kann ich heute umso besser nachvollziehen. In SO vielen Situationen fühle ich mich eher danach schreiend das Haus zu verlassen, als pädagogisch wertvolle Erklärungen zu liefern. Wenn in so einer Situation dann auch noch das Kind das garnicht gemeint war seinen Senf dazu gibt, während der Radio dudelt und evtl. der Nachbar klingelt fühle ich mich durchaus auch dazu verleitet einfach nur „Heißt du …Bernhard?“ zurückzugeben.
Hör bitte auf zum „Surln“
„Surln“ komisches Wort – aber entwickelt nicht jede Familie irgendwann zum Selbstschutz ihre eigene Sprache mit Worten die die Öffentlichkeit nicht versteht? „Surln“ war bei uns nur eines von vielen dieser geheimen Code-Wörter. „Surln“ ist eine Mischung aus Singen-Lachen-Reden-Rufen-Schreien-Spielen-Erzählen. Nur zum besseren Verständnis – ich komme aus einer Familie mit sechs Kindern. Wie farbig die Geräuschkulisse in so einem Haushalt ist, könnt ihr euch bestimmt ausmalen. Wenn also mein Papa nach einem Arbeitstag nach Hause kam und in die Geräuschkulisse rund um Kinder, Frau und Haushaltsgeräte eintauchte forderte er uns manchmal auf „Hör bitte auf zu „Surln“!
Ich für meinen Teil hab das damals als fast schon verletzende Beleidigung meiner Gesangskünste empfunden. Meistens war ich sogar ein bisschen gekränkt über so wenig Kunst-Verständnis. Mittlerweile weiß ich allerdings, dass der Tag von Erwachsenen weitaus umfangreicher ist als Kinder es mitkriegen und, dass Ruhe bzw. eine gemäßigte Geräuschkulisse ein sehr kostbares Gut sind.
Fazit
Wie viel Liebe und Geduld es erfordert Kinder groß zu ziehen wird mir von Tag zu Tag mehr bewusst. Der liebevolle Respekt den ich meiner Mama gegenüber schon immer empfunden habe ist einer tiefen Erfurcht gewichen. Ich habe an meine eigene Kindheit, meine Familie und meine Eltern ausschließlich positive und sehr liebevolle Erinnerungen. Es meiner Mama gleich zu tun und das auch für meine Kinder zu erreichen ist mein größtes Ziel!
Liebe Soni! Danke. Genau so ist es. Hab dich lieb ❤
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Wieder mal ein wunderbarer Beitrag, bei dem ich schmunzelnd immer wieder den Kopf nicke. 💕
Bei uns gab es noch das wunderbare „Ich zähle jetzt bis drei…“ Ich brauche wohl nicht zu sagen, dass es mir auch ab und an rausrutscht 😏
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Mir ist noch was eingefallen. Das kennt doch bestimmt jeder: „Wir sind aber nicht die anderen“ Wie nervtötend ich diese Antwort fand und wie oft mir es heute rausrutscht…
Alles Liebe
Vreni
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Stimmt 😂😂😂😂 ein alter Klassiker!
Oder: „….und würdest du auch aus dem Fenster springen, wenn deine Freundin das tun/sagen würde..?“ 😂😂
Ich seh schon! Der Artikel braucht noch eine Fortsetzung!
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Auf alle Fälle!! 😁
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