Warum ich meine Kinder verwöhne und auch noch stolz darauf bin!

Heute wurde ich (mal wieder) für meinen Erziehungsstil gemaßregelt.
Zurechtgewiesen mit den Worten „…sonst werden sie zu verwöhnt!“
Irgendwie hat das so geklungen, als ob jemanden zu verwöhnen etwas schlechtes wäre. Aber ist es das auch?

Verwöhnen ist nicht gleich verwöhnen!

Verwöhnen bedeutet geliebt und umsorgt zu werden, und Hilfe zu bekommen, wann immer man sie benötigt. Wenn ich als erwachsene Frau sage, dass ich meinen Mann so richtig verwöhne denkt jeder an gutes Essen, liebevolle Worte, irgendwas erotisches oder sonstige angenehme Dinge. Wenn man sich ein Wochenende in einem Wellnesstempel gönnt, um sich mal wieder so richtig verwöhnen zu lassen findet das jeder Klasse – weil man das ab und an braucht.


Warum aber ist Verwöhnen in Bezug auf unsere Kinder so behaftet mit Vorurteilen? Nicht nur mit Voruteilen, sondern auch mit Angst. Ich habe den Eindruck, die Angst davor sein Kind zu verwöhnen ist manchmal so groß, dass sie sogar die vernünftige Stimme unseres Bauchgefühls übertönt. Aber wovor haben wir Angst? Davor, dass wir unser Kind in der Entwicklung hindern, weil wir es nicht genug zur Selbstständigkeit erziehen? Ich glaube, jedes Kind das liebevoll und respektvoll behandelt wird, wird irgendwann lernen selbstständig zu sein. Beide meine Kinder streben nach Selbstständigkeit und freuen sich, wenn sie etwas ganz alleine geschafft haben. Man kann Kinder zur Selbstständigkeit motivieren aber keinesfalls durch verweigern von Hilfe dazu erziehen.

Wenn mir etwas runter fällt, ich beim Kochen meine Augen und Hände überall gleichzeitig haben sollte oder sonst irgendwo gestresst bin, bin ich froh wenn mir eine liebe Person dabei Hilft all das zu bewältigen. Wenn mein Mann mir dann etwas von der Arbeit abnimmt hat er keine Angst, mich zu verwöhnen oder dadurch Gefahr zu laufen, dass ich das fortan immer von ihm verlangen könnte. Wenn aber ein Kind bittet die Schuhe angezogen zu bekommen obwohl es das schon alleine kann, kommt wieder die Angst ins Spiel. Angst, dass das Kind von nun an immer verlangen könnte die Schuhe angezogen zu bekommen.
Seltsam, oder?
Verwöhnen ist also nicht gleich verwöhnen.

Photo by Jennifer Murray on Pexels.com

Das kann er/sie auch schon allein….!

Ein weiteres Argument dafür, seinem Kind die Hilfe die es gerne hätte zu verweigern ist: Das kann er/sie auch schon alleine. Natürlich kann sich mein Großer schon alleine die Schuhe anziehen, in den Autositz klettern, sich die Jacke ausziehen und sie sogar auf den Haken hängen. Aber bedeutet, dass er das schon kann auch, dass er sich dabei nie mehr Hilfe erbitten darf?

Wie ist das bei uns Erwachsenen?

Ich kann mir auch schon seit über 20 Jahren die Jacke alleine ausziehen. Dennoch freue ich mich wenn jemand so charmant ist, und mir die Jacke abnimmt. Natürlich kann sich mein Mann selbst ein Pausenbrot für die Arbeit machen. Aber er freut sich jedes mal sehr darüber, wenn ich ihm liebevoll ein Brot und eine kleine Nascherei vorbereite. Auch kann bestimmt jeder von uns sich selbst die Haare waschen und föhnen. Und trotzdem genießen wir es in vollen Zügen, uns beim Friseur so richtig verwöhnen zu lassen.

Hilfe bei etwas zu bekommen, was man eigentlich auch alleine könnte ist Liebe. Liebe, Fürsorge und Geborgenheit. Die Gewissheit, dass da jemand ist, der mir in Momenten der Schwäche bei Dingen hilft, die ich auch alleine berappen könnte schafft tiefe Verbundenheit. Und genau diese Dinge sind es, die ich meinen Kindern so gerne mit auf ihren Weg geben will.

Photo by nicollazzi xiong on Pexels.com

Ich bin doch nicht dein Diener….!

Genau an dieser Stelle wird die Sache mit dem Verwöhnen etwas kompliziert. Man muss gut aufpassen, wo Liebe aufhört und „ausgenutzt“ werden anfängt. Wenn man aber Respekt vor sich selbst und seinen Grenzen hat, und sich nicht in die Diener-/Opferrolle drängen lässt, kann eigentlich nichts schiefgehen. In so vielen Situationen habe ich schon Mütter erlebt, die alles für ihre Kinder getan, aber nichts davon gerne gemacht haben. Das ist der falsche Weg. Ich meine mit „verwöhnen“ nicht, dass ich meinem Kind jeden Tag mit Knicks das Frühstück ins Bett serviere. Vielmer meine ich damit, meinem Kind zu helfen und ihm Zeit/Liebe/Nähe/Kraft zu schenken, weil ich das kann und will, wenn es das in der jeweiligen Situation braucht.

Es macht mich immer wieder fassungslos, wie verbittert manche Eltern mit ihren Kindern umgehen in der Meinung, sie würden es ansonsten verwöhnen. Fürchterliche Kämpfe werden ausgefochten wenn es um Schuhe/Jacke an- oder ausziehen geht. Auch das Tragen wird von vielen vehement abgelehnt, weil das Kind schließlich und endlich ja zwei gesunde Beine hat. ABER: Nach einem anstrengenden Tag im Kindergarten oder sonst wo ist es durchaus verständlich, dass ein kleines Kind keine Lust mehr dazu hat sich selbst anzuziehen und zum Auto zu gehen. Kein Kind fragt nach Hilfe, um seine Eltern damit zu ärgern oder zu schikanieren. Schon garnicht in dem Alter. Und wenn mein Dreijähriger wirklich darauf besteht unbedingt von mir getragen zu werden, dann nehme ich ihn soweit es mir möglich ist auf meinen Arm. Die nächste Enteckung kommt bestimmt, und dann springt er mir wieder vergnügt vom Schoß.

Helfen ist eine ganz wundervolle soziale Kooperation die ich meinen Kindern schenken und auch vorleben möchte. Wenn ich als Erwachsener einen lieben Menschen um Hilfe bitte und dieser mir die Hilfe verweigert obwohl er eigentlich könnte fühle ich mich verletzt. Ich fühle mich hilflos und irgendwie alleine gelassen. Wie soll es dabei unseren Kindern gehen?
Es gibt Situationen in denen braucht/will ein kleiner Mensch Hilfe. Meist sind das auch die Situationen in denen es unter Druck steht und vielleicht auch nicht mehr freundlich sein kann. Die Kunst der bedingungslosen Liebe besteht darin Liebe zu zeigen, auch wenn der Sprössling sich von einer nicht so freundlichen, bedürftigen Seite zeigt. Das ist bedingungslos.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s